top of page

Kundenservice oder „du bist mir doch egal“?


„Der Kunde ist König“ bekommt man im Kundenservice bzw. in der Arbeit mit Kunden von Anfang an beigebracht. Ich sag mal „ja, aber...“ . Im Laufe meiner Trainerkarriere hab ich den Satz ein bisschen abgewandelt in „Der Kunde ist König, aber kein Kaiser“. Was für mich so viel bedeutet, wie dass der Kunde gerne seine Position und Emotionen haben kann, der Kundenservicemitarbeiter ist jedoch der, der das Gespräch führt und mit dem Kunden eine Lösung findet.

Klar, Kunden haben das Recht „nicht zu wissen“ also unwissend zu sein, ja sogar doof. Auch ich bin Kunde und für manche der ätzenste Kunde, den es gibt. Ich bin die, die sich meldet, wenn ihr was auffällt, wenn ihr was nicht passt. Ich bin aber auch die, die mehrmals anruft und sich nicht gleich zufrieden gibt mit „Floskeln“ oder „wir verkaufen dich jetzt für doof“. Wie muss ich mich denn als Kunde verhalten? Muss ich alles, was der Kundenservice mir sagt, glauben oder darf ich nicht auch Fragen stellen.

Ein Beispiel – vielleicht ein schlechtes, da DHL – ich erwarte ein Paket und dies sollte zugestellt werden. Laut Onlinetracking bin ich nicht bekannt und eine Adressüberprüfung soll stattfinden – mag ja sein. Ich melde mich bei DHL und die Dame meint gefühlt „Tja, Pech, Ihr Namen stand dort nicht, das Paket wird zurück geschickt“ ... verdutzt wie ich war hinterfrage ich Ihre Aussage, weil da ja Adressüberprüfung und ggf. neuer Zustellversucht stand – ok, etwas bestimmt, aber nicht laut - was ihr nicht so passt, sie laut wird und nachdem sie mir klar gemacht hat, dass das Paket zurück geht und sie nichts machen kann das Gespräch beendet. Ok, mein Blutdruck war auf 1000...was jetzt? Tja, sie wollen es nicht anders ... Wahlwiederholung und nochmal (ok, mit der Einleitung, dass ich liebend gerne reklamieren möchte) .... und dann? Eine ganz andere Info – es erfolgt noch ein Zustellversuch, ich sollte doch bitte meinen Namen an der Tür prüfen... toll, jetzt herrscht Verwirrung. Alter Schwede, was muss ich denn jetzt glauben? Also ein Überraschungspaket – ich bin gespannt. Fühlte ich mich mit Service überschüttet – nicht so ganz.

Ich musste dran denken, wie wir damals mit Kunden umgegangen sind. Na gut, nicht jeder Kunde war ein Herzal, aber laut wurde wir nicht mit Kunden. Aufgelegt wurde nicht – der Kunde beendet das Gespräch. Und Informationen waren eigentlich uniform. Ist das alles Nichts mehr wert? Macht man das nicht mehr? Oder bin ich auf dem falschen Planeten. Sind meine Erwartungen zu hoch?

Es geht aber auch schriftlich. Noch ein Beispiel.

Ich, doof wie ich bin, parke mein Mietauto in der Straße, in der ich aufgewachsen bin. Diese war bis dato keine Kurzparkzone. Jetzt ist sie das, nur leider ohne Markierung (und ich bin ein paar Straßen abgefahren). Naja, wer wäre ich, wenn ich das nicht hinterfrage und prompt ein Monat nach meiner Frage an den Bezirksvorsteher eine Antwort von seiner Sekretärin oder so bekomme...hier ein Auszug (ich hab ihr geschrieben, dass ich es öffentlich mache ohne Namen, sie weiß also bescheid J ):

Auszug aus meiner Mail:

ich habe mit dem gestrigen Tag dankend eine Organstrafverfügung erhalten, da ich mein Mietauto um 10.23 Uhr geparkt hatte, um meinen, mobil eingeschränkten Vater abzuholen und zu einem Termin zu bringen.

Jetzt die Krux. Ich bin in der Gegend aufgewachsen und seit einigen Jahren nicht mehr in Wien gemeldet, da ich im Ausland leben. Was ich aber damals in der Fahrschule gelernt habe, ist dass Kurzparkzonen (und laut dieser Verfügung ist der genannte Bereich eine gebührenpflichtige Kurzparkzone) gekennzeichnet sind. Ich bin jetzt alles nochmal abgefahren, jedoch sehe ich weder ein Schild, noch die blauen Markierungen am Boden direkt, noch Markierungen beim Übergang Meidling zu Favoriten. Wie soll ich das denn bitte erkennen?

Wie kann denn ein Mensch, nennen wir ihn Besucher oder Tourist wissen, dass dieses Gebiet eine Kurzsparkzone ist? Ich hab mir jetzt mal mehrere Straßen in Favoriten angesehen und bis auf die, die es schon waren sind keine neuen dazu gekommen.

Wie ist die Regelung denn bei Transport von Personen? Ich hatte jetzt ein Mietauto und die haben keine Parkpickerl. Gilt ein normaler Kurzparkschein? Seit wann ist diese Regelung? Wie sind die Beschilderungen geregelt?

Und hier der Auszug der Antwort:

ich kann Ihnen im Auftrag des Herrn Bezirksvorsteher mitteilen, dass die Verordnungen seitens der zuständigen Fachdienststelle der Magistratsabteilung 65 – Rechtliche Verkehrsangelegenheiten erfolgen und nicht vom Bezirk. Es gibt in sämtlichen europäische Städten Parkraumbewirtschaftung. So ist es bei einer flächendeckenden Parkraumbewirtschaftung, dass nur an den Grenzstraßen Hinweistafeln errichtet werden sowie die Geschäftsstraßen mit zusätzlichen Hinweisschildern ausgeschildert werden. In Favoriten wurde das Parkpickerl mit 4.9.2017 eingeführt und die Parkraumbewirtschaftung ist flächendeckend, nur das Industriegebiet in Oberlaa wurde ausgenommen....

Pech nur, dass diese Hinweisschilder an den Grenzstraßen nicht existieren. Geschweige denn meine Fragen beantwortet wurden. Und wieder mal ein „is mir egal“ Gefühl vermittelt – Spiel, Satz und Sieg.

Es gibt auch andere, die guten und lieben und netten, ja. Nichts desto trotz finde ich es persönlich nicht ok, wenn man sich Kundenservice nennt und Service nicht lebt. Schlechte Tage kann jeder haben oder gerade mal einen super doofen Gesprächspartner, aber was kann denn der nächste dafür? Es ist nicht einfach, aber es geht. Das Phänomen gerade Erlebtes weiter zu projizieren ist bekannt und machen wir alle – ich auch, klar. Wir interagieren ja. Sei es privat oder beruflich. Die Frage ist, wie gehen wir mit emotional herausfordernden Situationen um? Sind uns die anderen egal? Machen wir uns Luft und einen Rundumschlag oder wiegen wir ab und versuchen uns situationsbedingt anzupassen? Ich gebe zu, dass ich auch schon mal so ein kleiner Druckkochtopf sein kann. Wenn das Ventil offen ist, dann raucht es aus den Ohren. Was ich jedoch für mich gelernt habe, ist dies möglichst nicht an dritte weiter zu geben und meinen Ärger oder Frust an anderen auszulassen. Ich erbete oder nehme mir dann ein paar Minuten, mich zu beruhigen und "abzukühlen, denn Dampf ablassen bei Mitmenschen, ist nicht so toll und es ist mir nicht egal.

Und gerade, wenn man die Aufgabe hat Kunden oder Fragenden zu helfen und Service bieten möchte, sollte man dies unter Kontrolle haben. Ich finde es schade, denn gerade wenn man es Service nennt ist so wertvoll und kann so viel bewirken. Oder ist es egal?


Tag Cloud
Noch keine Tags.
bottom of page